Kevin Baker: Dreamland
New York 1910: Die Stadt ist voll mit europäischen Einwanderern, die ihr Glück im Land der unbegrenzten Möglichkeiten suchen. Der melting pot dieses Romans ist Dreamland, ein Vergnügungspark auf Coney Island, in dem sich Zwerge, Monstrositäten, Gauner, Huren und Politiker tummeln. Es ist Trick der Zwerg, der uns von einer vergnüglichen Welt erzählt, in der sich bei tausenden Glühbirnen alles um Sensationen und Nervenkitzel dreht. Abseits der Shows und bei gelöschtem Licht haben dann Korruption, Bandenrivalitäten, irische Politik und die proletarische Frauenbewegung in den Hinterhöfen ihren Auftritt. „Komm mit nach Dreamland, denn Träume werden dort wahr!“ Als Josef Kolyika sich aufmacht aus seinem Heimatland Estland zu flüchten, treibt es ihn eher zufällig nach Amerika, in das Land, wo Träume wahr werden. Aber Josef – alias Kid Twist – erkennt bald, dass man dort mit Ehrlichkeit nicht soweit kommt und schliesst sich einer Gangster-Truppe an. Als Kid Trick den Zwerg vom Schoss des wirklich üblen Gangsters Gyp the Blood rettet (Gyp ist bekannt dafür, dass er aus reiner Unterhaltung andere über’s Knie legt und ihnen so das Kreuz bricht), fliehen Kid und Trick vor Gyp in das Elefantenhotel, ein heruntergekommenes Puff im Herzen von Dreamland. Um Kids Tragödie perfekt zu machen, verliebt er sich auch noch in Gyps Schwester Esther.
Gangster, Nutten und ausgebeutete jüdische Arbeiterinnen spielen in Dreamland die Hauptrolle. Die Geschichte, in der ein brutales Amerika die Hauptrolle spielt, beginnt zunächst etwas mystisch. Spätestens jedoch als von Esthers (eine Arbeiterin) und Sadies (eine Prostituierte) Schicksal berichtet wird, erkennt man schnell die desillusionierende, amerikanische Realität: Kleine, heruntergekommene Wohnungen, Armut, Gewalt und Rechtslosigkeit.
Keine leichte Geschichte, bei der sich der Leser wahrscheinlich nicht sonderlich wohlfühlt: Zu schmutzig und hoffnungslos ist das Milieu, teilweise etwas zu skuril die Geschichte (Auftritt Sigmund Freud in New York), die Charaktere etwas zu platt. Trotzdem hat der Roman eine gewisse Authentizität, was ihn wiederum lesenswert macht.