Mark Gatiss: Im Auftrag Seiner Majestät
Nach einer langen Sommerpause fangen wir mit etwas an, was sich am Besten mit „extremely british“ beschreiben lässt. Um Missverständnissen vorzubeugen, erst ein paar Worte zum Autor: Mark Gatiss ist Schauspieler, Drehbuchautor und Schriftsteller. Manchen Anglisten ist er vielleicht durch „League of Gentleman“ bekannt, bei der Comedy-Serie „Little Britain“ war er auch nicht ganz unbeteiligt, als Autor schrieb er mehrere Bücher zu „Doctor Who“. Das sollte eigentlich genügen, um sich geistig auf „Im Auftrag seiner Majestät“ vorzubereiten… London 1907: Der Maler Lucifer Box ist ein gefälliger Portrait-Maler. Zumindest im wirklichen, offiziellen Leben. Für das notwendige Kleingeld für seinen extravaganten Lebensstil ist er zudem Agent im Dienst der britischen Krone. Lucifer Box könnte als Vorlage zum amerikanisierten James Bond durchgehen: Lucifer ist noch schöner, noch eitler, noch überzogener, noch britischer. Vom Secret Service beauftragt reist Lucifer nach Neapel, um den rätselhaften Morden um drei Vulkanologen nachzugehen. Und selbstverständlich beginnen die Spuren in einschlägigen Etablissements, wo der Leser (endlich) auch mit erotischen Abenteuer überrascht wird, so richtig heiß zu werden. Und wie auch James Bond muss auch hier der Protagonist die Welt vor dem Bösen, der nur danach trachtet, sie zu zerstören, retten.
Was braucht es Handlung, wenn es einen Charakter gibt, der so geformt ist, dass alles andere unwichtig wird? In richtiger Stimmung kann man sogar über den Erzählstil hinwegsehen. Bloß kein Wort auf die Waagschale legen, alles nicht so ernst nehmen… Die Geschichte lebt durch und von Lucifer Box, der an Unverfrorenheit und Eitelkeit nicht zu überbieten ist und sämtliche Klischees bedient. Eine kurzweilige, recht witzige B-Lektüre mit „etwas“ unmoralischen Tendenzen.
Charlie machte ein finsteres Gesicht und musterte mich durchdringend und etwas irritierend. Ich zerrte seinen Kopf weiter nach hinten, doch er hatte aufgehört zu schreien. „Damit werden Sie nichts erreichen“, murmelte er leise.
„Dann vielleicht hiermit“, rief ich und zog meinen Revolver, dessen Griff mit Perlen besetzt ist, unterm Hemd hervor. Ich drückte ihm den kalten Lauf an die Schläfe und funkelte ihn an. „Also – was sagen Ihnen die Initialen VC?“
Doch noch immer schien er unbeeindruckt. Ich beobachtete, wie sein Adamsapfel sich langsam auf und ab bewegte.
Charlie Jackpot lächelte nur.
Verärgert darüber, dass es mir nicht gelungen war, ihn einzuschüchtern, ließ ich den Revolver langsam über seine weiche Gesichtshaut gleiten und schob ihm den Lauf schließlich zwischen die Lippen, doch Charlies sehr blaue Augen sahen mich nur ruhig über die glitzernde Feuerwaffe hinweg an.
Ich nahm den Lauf unwillig von seinem Mund.
„Na also“, sagte Charlie mit süffisantem Lächeln. „Ist es nicht besser so?“
Mr Jackpot wandte mir die großen Augen in einer Art stummer Frage zu. Dann legte er mir die Hand auf den Oberschenkel.
Tja, was sollte ich machen? Für den wohlerzogenen Gentleman gab es nur eine Zuflucht: Ich nahm ihn mir von hinten vor.