Barcelona, Ende der 70er: Sieben Tage und sieben Nächte bleibt der Schüler Óscar Drai verschollen. Freunde, Lehrer und Polizisten suchen den Jungen vergeblich. Fünfzehn Jahre später erinnert sich Óscar an diese Tage und erzählt uns von seiner Begegnung mit Marina und wie die beiden das düstere Geheinmis um den ehemals reichsten Mann Barcelonas aufdecken. „Wir alle haben im Dachgeschoss der Seele ein Geheimnis unter Verschluss. Das hier ist das meine.“ Óscar Drai ist fünfzehn Jahre alt und besucht eine Jesuitenschule. Óscar ist ein Träumer und liebt es in seiner Freizeit durch die alten Straßen und Boulevards Barcelonas zu bummeln. Eines Tages verschlägt es ihn in ein heruntergekommenes Villenviertel. Vor einem dunklen Haus mit Brunnen und Skulpturen bleibt er stehen. Fasziniert von diesem vergessenen Ort und angezogen von einer Melodie, die aus diesem Haus kommt, beschließt er, das Grundstück zu betreten. Ab diesem Zeitpunkt wird dieses Haus und seine Bewohner das Leben des Jugendlichen verändern. Óscar macht Bekanntschaft mit Marina, einem fast gleichaltrigen Mädchen und dessen Vater, Germán. Die beiden leben zurückgezogen in vertrauter Zweisamkeit. Marina geht nicht einmal zur Schule. Als Erklärung gibt sie eine seltsame Krankheit, an der ihr Vater leidet, an. Zwischen Óscar und Marina entwickelt sich so nach und nach eine Freundschaft und später wird Marina und ihr Vater Óscars Familienersatz sein.
Dieser Roman ist der zweite der dreiteiligen „Young Adult“-Serie des spanischen Schriftstellers Zafón. Kalkutta, 1932: Für den 16jährigen Ben und seine Freunde ist es Zeit, Abschied zu nehmen. Das letzte Schuljahr ist zu Ende und das bedeutet auch, dass sie ihr Zuhause, das Waisenhaus St. Patrick’s, verlassen müssen. Bei der Abschiedsfeier lernt Ben das Mädchen Sheere kennen, das zusammen mit ihrer Großmutter den Direktor des Waisenhauses besucht. Doch gerade als sich Ben und seine Freunde mit Sheere so richtig anfreunden, explodiert das Büro des Direktors. Jahawal, der dämonisch-irrer Mörder aus der Vergangenheit, ist zurück. Der Mann trug einen langen schwarzen Umhang, und um seinen Kopf war ein Turban geschlungen, an dem ein schwarzes Medaillon mit einer Schlange zu erkennen war. Sein gemessenes Auftreten legte die Vermutung nahe, dass es sich um einen reichen Händler aus Nord-Kalkutta handelte. seine Gesichtszüge waren die eines Hindus, doch seine Haut wirkte krankhaft blass. Es war die Haut eines Mannes, der nie das Sonnenlicht sah.“
Ein gefährliches Abenteuer beginnt: Jahawal hat nur einen Grund den Leiter des Waisenhauses aufzusuchen. Er ist auf der Suche nach einem 16jährigen Jungen, nach Ben. Doch Carter gibt ihm keinerlei Informationen, was er mit einem Anschlag büssen muss. Bevor Carter schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht wird, muss Ben ihm schwören, eine Dame namens Aryami Bosé aufzusuchen, um sie zu warnen. Als Ben später diese Frau aufsucht stellt sich heraus, dass sie Bens Großmutter ist, dass Sheere niemand anderes ist als seine Zwillingsschwester und dass Jahawal beide töten will. Da Jahawal die Geschwister gleich nach der Geburt töten wollte, wurden die Zwillinge getrennt. Ben wurde vor den Toren des Waisenhauses gelegt, Sheere blieb bei ihrer Großmutter.
Ein altes Rätsel gilt es zu lösen: Warum werden die Geschwister von Jawahal bedroht und verfolgt? Zusammen mit der „Showbar Society“, einem geheimen Bund von sieben Mitgliedern, heften sich Ben und Sheere auf die Spuren ihrer Vergangenheit. Bald stellen sie fest, dass sich alles um einen verlassenen Bahnhof, wo einst hunderte Waisenkinder in einem Zug verbrannten, dreht.
Er schloss die Augen und sah dann erneut hin, weil er glaubte, Opfer einer Halluzination zu sein. Aus der Dunkelheit tauchte ein in Flammen gehüllter, rot glühender Zug auf. Er konnte die in Todesangst verzerrten Gesichter Dutzender Kinder sehen, die in seinem Inneren eingeschlossen waren, und den Funkenregen, der in alle Richtungen davonstob und eine Glutfontäne bildeten. Seine Augen wanderten den Zug entlang bis zur Lokomotive, eine beeindruckende Skulptur aus Stahl, die langsam zu schmelzen schien, wie eine Wachsfigur, die man ins Feuer warf. Im Führerstand war inmitten der Flammen die reglose Gestalt zu erkennen, die er im Hof gesehen hatte, nur dass sie einladend die Arme ausbreitete.
Er spürte die Hitze der Flammen auf seinem Gesicht und hielt sich die Ohren zu, um nicht länger die wahnsinnigen Schreie der Kinder zu hören. Der Feuerzug überquerte die Brandfläche, und Ben stellt entsetzt fest, dass der brennende Koloss in voller Fahrt und mit der Wucht einer Brandbombe auf das Gebäude von St. Patrick’s zuraste.
Zafón kann einem das Gruseln lehren: Wie auch in „Fürst des Nebels“ muss besonders der jugendliche Leser mit Gänsehaut und dem Drang zum Weiterlesen rechnen. Eine mit Überraschungen gespickte Handlung und die wechselnde Erzählperspektive gestalten dieses Buch zu einem unheimlichen, schauerlichen Schmöker-Happening.
Der spanische Autor Carlos Ruiz Zafón wurde eigentlich erst mit „Der Schatten des Windes“ und „Das Spiel des Engels“ so richtig bekannt. Seine schriftstellerische Karriere hat er jedoch mit dem Schreiben von Jugendbüchern begonnen. „Der Fürst des Nebels“ erschien 1993 und ist der erste Roman Zafóns, der veröffentlicht wurde und für den er den spanischen Jugendliteraturpreis bekommen hatte.
Es ist selten, dass ein Autor nach einem Bestseller noch einen hinlegt. Ruiz Zafón ist dies gelungen, vielleicht auch deshalb, weil er auf das erfolgreiche Konzept von „Der Schatten des Windes“ zurückgegriffen und es noch mit mehr Düsternis, Komplexität und Mysterien verfeinert hat. Protagonist ist ein junger und verarmter Journalist in Barcelona des beginnenden 20. Jahrhunderts, der bald merkt, dass ihm die Literatur mehr am Herzen liegt als die redaktionelle Arbeit bei einer heruntergekommenen Zeitung. Sein Mentor und Freund Pedro Vidal bestärkt ihn den Weg eines Literaten einzuschlagen und so beginnt David Martín für einen schwindeligen Verlag Schauerromane unter einem Pseudonym zu schreiben. Obwohl sehr talentiert und erfolgreich, erfüllt ihn das Schreiben von 3-Groschen-Romanen unter einem fremden Namen bald nicht mehr. Gleichzeitig geht sein Privatleben und seine Gesundheit den Bach hinunter: Seine grosse Liebe zu der hübschen Cristina bleibt unerwidert und ein Hirntumor wird bald seinem Leben ein Ende bereiten. Da macht ihm der französische Verleger Andreas Corelli ein unwiderstehliches Angebot, das David nicht ausschlagen kann – auch wenn er dafür seine Seele verkaufen muss. Ein Schriftsteller, der zum ersten Mal von Erfolg gekrönt wurde, ist dazu verdammt, immer wieder diesen ersten Moment des Glücks nachzujagen. So ergeht es auch David Martín und Corellis Auftrag, ein spezielles Buch zu schreiben, kommt ihm nicht nur in finanzieller Hinsicht gelegen. Zögernd und auch weil David aufgrund des tödlichen Tumors am Ende seiner Kräfte ist, willigt er in Corellis Vertrag ein; ohne recht zu ahnen mit wem er es zu tun hat oder auf was er sich eigentlich einlässt.
„Wollen Sie leben?“
Ich wollte antworten, fand aber keine Worte. Meine Kehle war wie zugeschnürt, und meine Augen füllten sich mit Tränen. Bis zu diesem Augenblick war mir nicht klar gewesen, wie sehr ich weiter atmen, weiterhin jeden Morgen die Augen öffnen wollte, wie sehr es mich auf die Straße hinauszog, um übers Pflaster zu gehen und den Himme zu sehen, und, vor allem, wie sehr ich mich weiter erinnern wollte.
Ich nickte.
„Ich werde Ihnen helfen, mein lieber Martín. Ich bitte Sie einzig, mir zu vertrauen. Nehmen Sie mein Angebot an. Lassen Sie mich Ihnen helfen. Lassen Sie mich Ihnen geben, was Sie sich am meisten wünschen. Das ist es, was ich Ihnen verspreche.“
Corelli lächelte und lehnte sich vor, um mich auf die Wange zu küssen. Seine Lippen waren eiskalt.
„Sie und ich, mein Freund, wir werden zusammen Großes erschaffen, Sie werden schon sehen“, flüsterte er.
Der Autor gibt bereits im Titel die Richtung des Romans vor und verdeutlicht es zudem in Corellis Markenzeichen, einem Engel. Und zu Beginn scheint Corelli auch ein wahrhafter Engel zu sein. David hat durch Corelli Geld und ein neues Leben bekommen – motiviert und ehrgeizig beginnt er an seinem neuen Projekt zu arbeiten. Als jedoch sein alter Verlag samt Inhaber in Feuer aufgeht, kommen die ersten Zweifel an der Erfolg versprechenden Geschäftsbeziehung mit Corelli. David beginnt zu recherchieren und sieht sich bald als (weitere) Spielfigur in Corellis Vorstellung.
„Das Spiel des Engels“ ist ein spannender und ausgezeichnet erzählter aber auch ein fordernder Roman. Nicht alle Handlungsstränge sind auf den ersten Blick durchschaubar und manches muss man erst mal sitzen lassen, bevor das Aha-Erlebnis eintritt, denn der Autor hat einiges an Symbolik und Parallelen zu Literatur und Religion (z.B. Goethes Faust) in den Roman gepackt. Zudem präsentiert sich die Geschichte als Liebestragödie und Kriminalgeschichte, in der einem die philosophischen Gedankenspiele zwischen Corelli und Martín wie wohltuende Pausen vorkommen. Sofern man bereit ist, sich in eine knifflige Handlung mit mysteriösen Charakteren und albtraumhaften Szenen einzulassen, wird man mit jeder Zeile belohnt werden.
Das Schloss gab nach, und ich stieß die Tür mit solcher Wucht auf, dass ich der Länge nach auf die Marmorplatte am Schwimmbecken fiel. Mein Gesicht landete nur eine Handbreit von der Wasseroberfläche entfernt, sodass mir der Gestank des fauligen Wassers in die Nase stieg. Ich starrte ins Dunkel über dem Beckengrund. Da tat sich zwischen den Wolken ein Spalt auf, und die Sonne schien ins Wasser und strich über den zerbröckelten Mosaikboden. Das Bild zeigt sich nur einen Augenblick. Der Rollstuhl war auf dem Grund gestrandet und nach vorn gekippt. Das Licht wanderte weiter bis zur tiefsten Stelle des Schwimmbeckens, und dort erblickte ich sie. an der Seitenwand lehnte ein Körper, in ein weißes, im Wasser schwebendes Kleid gehüllt. Zuerst dachte ich an eine Puppe – die scharlachroten Lippen waren im Wasser aufgequollen, die Augen leuchteten wie Saphire. Langsam wallte das rote Haar im fauligen Wasser, die Haut war blau. Die Witwe Marlasca. Eine Sekunde später zogen sich die Wolken wieder zusammen, und das Wasser war der trübe Spiegel von ehedem, in dem ich nur mein Gesicht und einen Schatten sehen konnte, der jetzt hinter mir auf der Schwelle der Veranda mit dem Messer in der Hand Gestalt annahm. Ich schoss hoch und rannte los, durch den Garten, zwischen den Bäumen hindurch, mir an den Büschen Gesicht und Hände zerkratzend, bis ich zum Eisentor und auf die Straße gelangte. Ich rannte weiter und blieb erst auf der Carretera de Vallvidrera stehen. Völlig außer Atem, wandte ich mich um und sah, dass das Haus Marlasca wieder am Ende des Gässchens verborgen war, unsichtbar für diese Welt.
Barcelona, 1945: Zum ersten Mal wird der zehnjährige Daniel von seinem Vater, einem Buchhändler, zum Friedhof der Vergessenen Bücher mitgenommen. „Hier leben für immer die Bücher, an die sich niemand mehr erinnert, die Bücher, die sich in der Zeit verloren haben und hoffen, eines Tages einem neuen Leser in die Hände zu fallen.“ Daniel soll nun die Patenschaft für ein Buch übernehmen und er entscheidet sich für „Der Schatten des Windes“ von Julián Carax – ein Buch, das großen Einfluss auf sein Leben haben wird.
Wieder zu Hause in der Calle Santa Ana, zog ich mich an diesem Nachmittag in mein Zimmer zurück und beschloß, die ersten Zeilen meines neuen Freundes zu lesen. Bevor ich es recht merkte, war ich schon rettungslos hineingestürzt. Der Roman erzählte die Geschichte eines Mannes auf der Suche nach seinem richtigen Vater, den er nie kennengelernt hatte und von dem er nur dank der letzten Worte erfuhr, die seine Mutter auf dem Totenbett sprach. Die Geschichte dieser Suche wurde zu einer rastlosen Odyssee, auf der der Protagonist darum kämpfte, eine verlorene Kindheit und Jugend wiederzufinden, und auf der man langsam den Schatten einer verfluchten Liebe entdeckte, deren Erinnerung ihn bis ans Ende seiner Tage verfolgen sollte. Je weiter ich in der Lektüre kam, desto mehr erinnerte mich die Erzählweise an eine dieser russischen Puppen, die immer weitere und kleinere Abbilder ihrer selbst in sich bergen. Die Minuten und Stunden vergingen wie im Nu. Gefangen in der Geschichte, vernahm ich Stunden später kaum die mitternächtlichen Glockenschläge der Kathedrale in der Ferne. Unter dem gelben Licht der Tischlampe tauchte ich in eine Welt von Bildern und Gefühlen, wie ich sie nie zuvor kennengelernt hatte. Figuren, die mir so wirklich erschienen wie meine Umwelt, saugten mich in einen Tunnel von Abenteuern und Geheimnissen hinein, aus dem ich nicht mehr entrinnen mochte. Seite um Seite ließ ich mich vom Zauber der Geschichte und ihrer Welt einhüllen, bis der Morgenhauch über mein Fenster strich und meine erschöpften Augen über die letzte Seite glitten. Im bläulichen Halbdunkel der Dämmerung legte ich mich mit dem Buch auf der Brust hin und lauschte dem Gemurmel der schlafenden Stadt. Traum und Müdigkeit klopften an, aber ich mochte mich nicht ergeben. Ich wollte den Zauber der Geschichte nicht verlieren und mich noch nicht von ihren Figuren verabschieden.
Daniel ahnt noch nicht, was es mit diesem Buch auf sich hat und unaufhaltsam wird er in ein lebensgefährliches Verwirrspiel von Liebe, Verführung, Verrat und Gewalt gezogen. Daniel ist in Besitz des noch einzigen vorhandenen Exemplar. Alle anderen Bücher wurden von einem Unbekannten aufgespürt und verbrannt. Um auch noch das letzte Buch zu bekommen, macht ein geheimnisvoller Mann mit einem entstellten Gesicht Jagd auf Daniel. Daniel wiederum begibt sich auf die ebenso geheimnisvolle Suche nach dem Autor des Buches, um mehr über sein Leben oder andere Werke heraus zu finden.
Der Roman beginnt wie ein poetischer Fantasy-Roman, was er aber nicht ist. Den Leser erwartet ein rätselhaftes Abenteuer in Barcelona der düsteren Franco-Zeit. Thriller- und Krimi-Elemente, eine wunderschöne Sprache und ausgefeilte, vielschichtige Charaktere machen diesen Roman zu einem wirklichen Abenteuer im Kopf. Die spanischen Buchhändler erkoren „Der Schatten des Windes“ zum „Roman des Jahres 2002“. Ein Buch, das man unbedingt gelesen haben sollte!