Was für eine Geschichte! Wer dieses Buch zur Hand nimmt, sollte 1. volljährig sein und 2. nichts Wichtiges vorhaben. Denn dieses Buch kann man erst aus der Hand legen, wenn die letzte Zeile gelesen ist. „Rumo“ ist wahrer Heldenstoff aus Zamonien, ein erzählerisches Abenteuer vom Feinsten und garantiert nichts für schwache Nerven. Die Geschichte handelt von spritzendem Blut und vergossenen Tränen, unerreichbarer Liebe und Freundschaft bis über den Tod hinaus. Sie beginnt mit einem zahnenden Welpen in einem Fhernhachischen Dorf, das gerade von Teufelszyklopen überfallen wird. Der knuddelige Welpe ist ein Wolpertinger. Aber das weiß er noch nicht. Er ahnt auch noch nicht, dass er einmal der größte Held Zamoniens sein wird. Noch ist der Welpe damit beschäftigt, mit dem seltsamen Schmerz in seinem Mund zurechtzukommen, das Gehen auf zwei Beinen zu erlernen und einem silbernen Faden am Horizont nachzujagen. Plötzlich wird er von einem Teufelszyklopen an den Ohren gepackt und in einen Sack gesteckt. Zusammen mit seinen Fhernhachischen Zieheltern wird er auf den Wandernden Teufelsfelsen, einer schwimmenden Insel, auf der die lebendfleischfressenden Zyklopen zu Hause sind, verschleppt. Es beginnt eine grausame Zeit: Die Gefangenen werden in eine Grotte gesperrt, die nichts anderes ist als die riesige Speisekammer der Zyklopen. Als der Wolpertinger auf einer Erkundungstour den hinteren Teil der Grotte entdeckt, stößt er auf einen stinkenden Tümpel und macht Bekanntschaft mit der Haifischmade Volzotan Smeik. Von ihm lernt der Welpe das Sprechen und erhält endlich seinen Namen: Rumo.
Smeik, ein hinterlistiger aber nicht unsympathischer Zeitgenosse, weiß es gleich: Wenn ihn jemand von dem Teufelsfelsen retten kann, dann nur ein Wolpertinger. Er beginnt, Rumo zu unterrichten und ihn – zumindest theoretisch – auf das Kämpfen vorzubereiten. In dieser Zeit wächst Rumo heran, bekommt alle seine Zähne, wird größer und stärker. Und eines Tages ist es so weit. Rumo kämpft gegen die Zyklopen und kann mit Smeik von der Insel auf das Festland fliehen.
Kaum haben sich die beiden von den Strapazen ihrer Gefangenschaft erholt, macht sich Rumo auf, den silbernen Faden, den er immer noch vor seinem geistigen Auge sieht, zu folgen. Und die Haifischmade begleitet ihn. Nach einigen, kleineren Abenteuern trennen sich ihre Wege, denn Rumo steht vor den Toren von Wolperting, der Stadt, wo alle Wolpertinger wohnen. Als neuer Bürger muss er zunächst mal lesen und schreiben lernen, bevor er in sämtliche Kampfkünste eingeweiht wird. Und er trifft endlich den Ursprung des silbernen Fadens: Rala, eine wunderschöne Wolpertingerin, deren Herz er aber erst erobern muss.
Rumo ist kurz davor, Rala endlich seine Liebe zu gestehen. Doch als er von einem weiteren Abenteuer aus dem Nurnenwald zurückkehrt, findet er ganz Wolperting verlassen vor. Rumo entdeckt einen riesigen Krater in der Mitte der Stadt, von dem eine steinerne Stiege tief in die Untenwelt führt. Und jetzt erst beginnt das wahre Abenteuer! Zusammen mit seinem Käsemesser-Schwert macht er sich auf nach Hel, der gruseligen Hauptstadt von Untenwelt, um seine Freunde und vor allem Rala vor dem wahnsinnig verrückten König Gaunab der 99., zu retten.
Walter Moers ist ein begnadeter Geschichten-Erzähler und in diesem Buch zieht er alle Register: Mehr als in jedem anderen Roman beschränkt sich der Autor nicht auf den Werdegang seines Helden, sondern flankiert Rumos Abenteuer mit unzähligen Legenden und Geschichten über Zamonien. Wir erfahren mehr über Nebelheim, den Nurnenwald und über die Lindwurmfeste, wie die Kupfernen Kerle zustande kamen und wie die Geschichte von Prinz Kaltbluth und Prinzessin Silbermilch ausging. Wir begegnen kurz Hildegunst von Mythenmetz und Danzelot Silbendrechsler, Abdul Nachtigaller und ein paar Schrecksen. Und wir lernen neue Persönlichkeiten kennen, denen wir hoffentlich wieder begegnen werden: Grinzold der Spalter und Löwenzahn (die beiden gegensätzlichen Gestalten aus Rumos Käsemesser-Schwert), Storr der Schnitter, General Ticktack, Oztafan Kolibril, Uschan de Lucca, Urs von Schnee und v.a.m..
Ungemein fantasievoll:
Rumo stapfte mit gezogenem Schwert auf die weißen Gebilde zu. Von weitem sahen die gestapelten Eisschollen aus wie Riesen mit tropfenden Bärten, die sich aus dem Wasser erhoben, nach fünfzig weiteren Schritten wie die trutzigen Zinnen eines vieltürmigen Schlosses, und nach hundert wie Gespenster, die auf dem Höhepunkt eines wilden Tanzes im eisigen Wind eingefroren waren. Schließlich stand Rumo genau zwischen ihnen, und jetzt sahen sie aus wie aufeinandergestapelte und heillos verkeilte Eisschollen. Hier war niemand. Er hatte sich getäuscht.
Aufregend lustig:
„Was willst du hier?“ Der Hüne hatte das Boot sanft auf Grund laufen lassen.
„Ich suche jemanden. Meine Freunde.“
„Ach herrje! Bist du einer von diesen Kötern? Tatsächlich. Das waren deine Freunde?“
… Und überraschend grausam:
Während die Zyklopen noch verdutzt ihre Hälse verdrehten, hatte Rumo mit seinen Krallen schon zweien von ihnen den Kehlkopf zerrissen. Die Riesen griffen entsetzt nach ihren geöffneten Gurgeln. Der Rumpf des geköpften Riesen drehte sich mehrmals um die eigene Achse, als suche er nach seinem Schädel. Eine dünne rote Fontäne sprudelte aus seinem Hals, im Takt seines immer noch wild schlagenden Herzens.
Was für eine Geschichte!