Seit Langem möchte ich meine Rubrik „Wiener Krimi“ um einen Beitrag bereichern, und kürzlich ist mir dieses Buch Krimiautorin Beate Maxian mit dem entsprechenden Untertitel ins Auge gefallen. Wie die Aufmachung des Buches wissen lässt, spielt sich die Handlung hauptsächlich im Wiener Prater ab. Dort, wo nicht nur Geschäfte mit Riesenrad, Geister- und Achterbahn gemacht werden, sondern auch mit Prostitution und Drogen, treibt sich die Fotografin Lucie herum. Sie arbeitet an einem Bildband, der die hässlichen Seiten der Unterhaltungswelt zeigen soll. Erwartungsgemäß fokussiert sie ihre Linse auf verbrecherische Vorgänge und gerät damit ins Visier derselben.
Insgeheim triumphiert Lucie, als sie einen Drogendeal fotografiert. Ihr bestes Foto des Tages! Die Konsequenz: Wenig später wird sie lebensgefährlich zusammengeschlagen. Wenn man sich in einem Verbrechersumpf mit einer Kamera bewaffnet herumtreibt und dabei nicht sonderlich unauffällig agiert, darf man sich nicht wundern, von beglatzten Muskelpaketen zum Schweigen gebracht zu werden.
Lucie Viktor befand sich auf der Suche nach Dreck. Menschlichem Dreck. Abschaum. Absonderungen. Die 36-Jährige hatte einen Blick für Dinge, die andere ausblendeten oder bewusst übersahen. Obdachlose. Drogensüchtige. Verlierer. Lucie sah sie alle. Ihr spezieller Blick. Lucie war Kunstfotografin.
Parallel zu dieser Geschichte lernen wir die Journalistin Sarah Pauli kennen. Für den „Wiener Boten“ recherchiert sie an einer Geschichte über das bevorstehende Prater-Jubiläum. Dabei findet sie heraus, dass in der jüngsten Vergangenheit drei Obdachlose in der Nähe des Riesenrads gestorben sind. An Herz-Kreislauf-Versagen, so die offizielle Version. Also kein Grund für die Polizei, dem nachzugehen. Sarah ist jedoch anderer Meinung. Mit Beharrlichkeit ermittelt sie… Lucies Foto bringt sie auf die Spur des angehenden Politikers Freibach und auf den Gedanken, dass er und seine Freunde keine ausschließlich braven Steuerzahler sind.
„Ich finde es sonderbar, wenn Politik in einem freundschaftlichen Verhältnis zu Unternehmern stehen, deren Geschäftsgebaren nicht ganz nachvollziehbar ist. Stichwort Drogen und Geldwäsche.“
Vienna’s Upper and Lower Society
Die Morde an den Obdachlosen sind der Aufhänger für diesen Krimi, stehen aber nicht im Zentrum. Vielmehr geht es um verbrecherische Machenschaften im Dunstkreis von Politik, Kunsthandel und Drogenkriminalität. Leider hat die Autorin (sie ist auch selbst Journalistin) mit Überraschungselementen gespart. Wer der Böse ist, ahnt man sehr früh, und auch sonst gibt es wenig Wendepunkte, die das Buch zu einem Pageturner machen. Abgesehen von spärlich eingestreuter Umgangssprache, könnte diese Geschichte auch an einem anderen Ort stattfinden. Ich hätte mir aufgrund des Titels etwas mehr Lokalorit erwartet.
Trotz allem ist der Krimi nicht unspannend. Er ist vielschichtig aufgebaut, stilsicher geschrieben und behandelt interessante Aspekte der oberen und unteren Wiener Society.
Beate Maxian ist eine österreichische Krimi-Autorin und lebt in Vöcklabruck. Mit der Krimi-Krimireihe um Sarah Pauli ist sie bekannt geworden. „Die Prater-Morde“ ist der siebte Fall der sympathischen Journalistin Sarah Pauli und mein erstes Buch dieser Reihe. Ich hatte keine Schwierigkeiten mich in Handlung und Charaktere hinein zu versetzen. Das Gegenteil war der Fall. Das Buch ist auch ohne Vorkenntnisse sehr gut lesbar.