Dieser österreichische Krimi macht seinem Namen alle Ehre: Von Donnerstag bis Sonntag feiert Wulzendorf in Niederösterreich sein alljährliches Volksfest. Zwischen Bierzelt, Autodrom und der örtlichen Musikkapelle treibt sich auch der Suchanek herum. Nicht freiwillig, wohlgemerkt. Vor 15 Jahren hat der Held dieses Romans seiner Heimat den Rücken gekehrt, um in der Bundeshauptstadt sein Glück zu versuchen. Doch nun muss er auf das elterliche Haus samt dazugehörigen Dackel aufpassen, da Mama und Papa das verlängerte Wochenende lieber für “vier Tage Bodensee” nutzen, als sich mit dem Gegröle aus dem Dorf abzugeben.
Im Gegensatz zu seinem Leben in Wien kann sich nun der Suchanek hemmungslos einem sauberen Bett und einem gut gefüllten Kühlschrank hingeben. Um das entspannte Wochenende zu komplettieren, sucht er noch seinen besten Freund, den Grasl, auf um sich – nomen est omen – ein Plastiksackerl mit aromatisch riechendem Inhalt zu besorgen. Doch ab diesem Zeitpunkt, als der Suchanek in Grasls Beisl „Route 66b“ hereinschneit, ist es mit der Entspannung vorbei.
- Für das geschenkte Sackerl verpflichtet sich der Suchanek beim Hansi-Burli-Gedenkmatch als Tormann zur Verfügung zu stehen.
- Die Heilige Johanna verbrennt in einem Heustadl und der Suchanek ist der Einzige, der den Brandstifter sieht. Allerdings reduziert sich Suchaneks Zeugenaussage auf die Beschreibung einer dunklen Gestalt. Mehr konnte er in seinem bekifften Zustand wirklich nicht erkennen. Und so wird – wie in einem tratschsüchtigen Dorf üblich – der Zeuge bald zum Verdächtigen.
- Im verdreckten Dorfteich findet die freiwillige Feuerwehr bei einer Tauch-Übung die halbverweste Leiche des Autohändlers Willi Bobek.
- Zu allem Übel muss sich nun der Suchanek – nach 15 Jahren gewollter Abwesenheit – mit der Dorfbevölkerung und ihren kuriosen Charakteren herumschlagen.
Um nicht noch mehr in das Fadenkreuz der polizeilichen Ermittlungen zu geraten, schnüffeln Suchanek und Grasl nun auf eigene Faust herum. Nicht immer sind ihre Recherchen von Erfolg gekrönt. Eigentlich tappen sie von einem Fettnäpfchen in das nächste. Wie könnte es auch anders sein, denn „Volksfest“ ist ein typisch österreichischer Roman. Der Held ist ein Loser (erfolg- & arbeitslos), das Setting ein Mikrokosmos voll mit Tratschweibern, Dorfkaisern und ausgefuchsten Bauern. Und jeder Satz ist ein Lacher. Kein Thema ist Nikowitz heilig, als dass er es nicht durch den Kakao ziehen könnte.
Gustostückerl:
Suchaneks Eltern hatten immer schon ziemlich konkrete Vorstellungen über die Trennlinie zwischen Richtung und Falsch gehabt. Auf welcher Seite sie ihn sahen, war klar.
Suchanek investierte sein Geld, das genau genommen nie seines gewesen war, nach streng ethischen Maßstäben. In den Fair-Trade-Marihuanahandel.
Georgelte Flamencogitarren – eine Grenzerfahrung, die man unbedingt einmal gemacht haben musste.
Das Volksfest hatte jetzt eindeutig seinen Kulminationspunkt erreicht. Der Heimeder Kurtl drang mtis einer Vierton- und Zweifingerversion von „La Isla Bonita“ in völlig unerforschte Sphären der Poplkultur vor: Madonna wäre von Kurtls Interpretation vermutzlich dermaßen enthusiasmiert gewesen, dass sie sich ihre nächste Botox-Spritze gleich ins Auge gerammt hätte.
Da spielte natürlich wieder mit, dass Wulzendorf nunmehr so eine Art Promi des Grauens war, also quasi der Dieter Bohlen unter den Kuhdörfern.
Rainer Nikowitz ist Kolumnist bei dem österreichischen Nachrichtenmagazin „profil“. Er ist auch Autor für die ORF-Comedy „Wir sind Kaiser“ mit Robert Palfrader. „Volksfest“ ist sein erster Roman. „Wie Haas und Raab hat Nikowitz seinen sehr eigenen, in hunderten Kolumnen perfektionierten Stil. Wer seine Kolumnen mag, wird auch „Volksfest“, lieben – sofern er auf die politische Komponente verzichten kann. Dafür bekommt man die Nikowitz’sche große Portion Satire und Skurrilität, die jener aus David Schalkos „Braunschlag“ nicht ganz fern ist. Jeder Satz eine Pointe. Quasi.“ (Mirjam Marits – Die Presse)