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Richard K. Breuer: Schwarzkopf

Nach Richard K. Breuers „Rotkäppchen 2069“ war ich ja schon auf einiges gefasst, überrascht hat mich sein aktuelles Buch dennoch. „Schwarzkopf“ ist anders, etwas weniger abgedreht und absurd als sein Vorgänger. Breuer setzt erneut auf vertraute Irr-Sinnigkeiten, wie z.B. ein Buch in Dialogform zu schreiben. Er schafft es aber, den Leser damit weder zu langweilen noch ihn mit der Vielzahl an Charakteren zu verwirren. „Schwarzkopf“ ist eine rabenschwarze Krimi-Comedy mit vielen Parallelen zum „Der dritte Mann“. Muss hier noch gesagt werden, dass dieser Wahn-Witz in Wien spielt? Hollywood kommt nach Wien ++ Rette sich, wer kann!

Eine absurde Wiener Krimi Comedy über Hollywood und andere Grauslichkeiten

Harald Schwarzkopf ist gebürtiger Wiener und lebt als erfolgreicher Drehbuch-Autor in Hollywood. Doch mit seiner Kreativität ist es nicht mehr so weit her und ein Remake des dritten Mannes soll ihn und seinen Tabletten-süchtigen Regisseur Ernesto Ostwaldo aus der Misere reißen. Aufgrund der bevorstehenden Verhandlungen mit den Investoren reisen er und Ernesto (und eine Gruppe jüdischer Exil-Wiener, die vom deutschten Kulturminister empfangen werden sollen) in seine Geburtsstadt. Dort wird er nicht nur von heimischen VIPs aus Politik und Gesellschaft erwartet, sondern auch vom lokalen TV-Sender „AustriaLive“.

Aber kaum ist Schwarzkopf aus dem Flugzeug ausgestiegen, rennt alles drunter und drüber: Koffer werden vertauscht, es kommt zur ersten Prügelei, das TV-Team ist auf Acid und das ganze Tohuwabohu wird auch noch live gesendet – unter anderem in das Büro des Bundeskanzlers Schuhnagel. (An dieser Stelle befinden wir uns erst auf Seite 25 – inkl. Widmung, Inhaltsbeschreibung, Impressum, „Wienerisch für Anfänger“, Personenverzeichnis und Inhaltsverzeichnis).

KOHLWEG Sind wir in einem B-MOVIE?“

SCHWARZKOPF sieht sich um „Könnt schon sein.“

Gerade in Wien angekommen, haben Schwarzkopf und Ostwaldo also bereits Bekanntschaft mit der österreischischen Bürokratie und Exekutive sowie mit einem Wiener Taxifahrer, Würstl-Brater und Drogen-Dealer gemacht. Zeit also, seinen alten Freund Otto Sittich zu besuchen. Der wurde jedoch vor kurzem von einem Laster überfahren. Sein Tod ist rätselhaft und Schwarzkopf sieht sich veranlasst, dem Ganzen nachzugehen. Und so stolpern Schwarzkopf und Ostwaldo von einem Fiasko ins nächstbeste Fettnäpfchen – immer auf der Spur des geheimnisvollen dritten Mannes…

Was wäre Wien ohne seine Bundeskanzler, Innenminister, Staatssekretäre, Polizeipräsidenten, Bühnen-Stars und Psychiater à la Freud? Was wäre ein „Breuer Buch“ ohne Huren und Stripper? Was wäre ein Krimi ohne Kommissar? Und was wäre Wien ohne „Piefkes“? In dieser Klamotte spielen sie alle mit und dennoch ist keiner von ihnen fehl am Platz. Breuer spielt mit Stereotypen und Klischees und hat ein wirklich kreatives Händchen diese Reproduktionen zu beleben. Besonders hat mir der smarte Kommissar (Major Kohlweg) gefallen, der mich immer wieder in Kottans Zeiten versetzt hat: Man weiß nie, ob er durch Verstand oder mehr durch Glück ermittelt.

SCHUHNAGEL „Und wofür sind Sie zuständig?“

STIEFELKNECHT „Ich bin der Chef der Kriminalpolizei.“

SCHUHNAGEL „Ach ja, kann mich erinnern. Ich vergess keine G’sichter … des vom Otto Sittich hat mich übrigens heut in der Nacht wieder augf’schreckt. Ich glaub, ich muss zum Doktor Eckelhofer. Also gut, Schwefelhecht, lassen’s die Zwei beschatten. Aber unauffällig.“

STIEFELNKECHT „Major Kohlweg wird sich darum kümmern, Herr Bundeskanzler.“

SCHUHNAGEL „Hohlweg? Von mir aus. Sonst noch was?“

STIEFELKNECHT „Die Investoren würden sich Polizeischutz wünschen, Herr Bundeskanzler.“

SCHUHNAGEL „Die kriegen’s schon mit der Angst zu tun, was? Also gut, dann … zu Weinbeisser Sie begleiten von nun an die Investoren. Das können’S doch, oder?“

WEINBEISSER „Das … das kann ich, Herr Bundeskanzler.“

SCHUHNAGEL „Na, wenigstens was. Wenn Sie das wieder in den Sand setzen, Weinscheisser, dann waren’s die längste Zeit Polizeipräsident. Haben wir uns verstanden?“

WEINBEISSER „Natürlich, Herr Bundeskanzler.“

SCHUHNAGEL „Da fällt mir ein, Wamperl, der deutsche Kulturminister versucht mich andauerend zu sprechen, aber ich hab keine rechte Lust mit dem Piefke zu reden. Was will er denn von mir? Geht’s um die Resi?“

WAMPERL „Nein, nein, Herr Bundeskanzler. Herr von Sandstein macht sich Sorgen um die deutsche Staatssicherheit, so lange der Schwarzkopf frei herumläuft.“

SCHUHNAGEL „Da schau her. Die Piefkes haben zwei Weltkriege und die RAF überstanden, und jetzt kriegen’s vor dem Schwarzkopf weiche Knie? Wir machen in diesem Fall das, wofür unser glückliches Österreich berühmt ist, in der Welt.“

WAMPERL „Wir sollen … heiraten?“

WEINBEISSER „Wir komponieren einen Walzer?“

SCHUHNAGEL „Was reden’s? Wir machen in diesem Fall … nix, gar nix! Schließlich sind wir ja neutral. Warum sollten wir uns in einen amerikanisch-deutschen Konflikt einmischen? Hab ich Recht? Na bitte. Meine Herren, das Frühstück wartet. Ei im Glasl hab ich für heut avisiert! Manchmal wünscht‘ ich mir ja, ich wär ein Hendl, da hätt‘ man net viel zu tun, außer so ein Ei zu legen.“

WAMPERL „Und Sonntags zwei.“

SCHUHNAGEL „Sagen’S net so einen Blödsinn, Wamperl! Am Sonntag wird bei uns net gearbeitet, sondern geruht! Des steht net nur in der Bibel, sondern auch im Kollektivvertrag.“

Breuer hat sein Buch ganz dem Kinofilm gewidmet, was nicht nur die zahlreichen Anspielungen in den Dialogen merken lassen. Ebenso sind die einzelnen Kapitel ausgewählten Klassikern gewidmet:

usw.

Slapstick-artige Szenen, Absurditäten auf mehreren Erzählebenen und bitterböse Seitenhiebe auf die österreichische und insbesondere auf die Wiener Seele machen „Schwarzkopf“ zu einem Event, das einem nicht jedem Tag passiert und zu dem man auch die nötige Aufmerksamkeit haben muss. Mit rasantem Tempo fährt der Autor mit dem Leser ab und nötigt ihm die volle Konzentration in jeder Zeile ab. Wie’s halt sein soll – bei einem anständigen, rabenschwarzen und grenzgenialen Wiener Krimi!

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