Dieser genussvolle Krimi spielt im idyllischen Sainte-Valérie in der Provence. Er beginnt mit einer fest verschnürten Leiche in einem Tank voller Rotwein im Keller eines Hotels. Dem Toten, einem ortsbekannten Frauenheld, wird dabei ein Bouquet garni umgehängt und am Weintank ein Rezept für Coq au Vin angeklebt. Doch kaum hat Pierre Durand, der Chef der örtlichen Polizei, mit den Ermittlungen begonnen, wird ihm dieser durch die Police Nationale in Form des leitenden Kommissars Jean-Claude Barthelemy entzogen. Doch Pierre ahnt, dass Barthelemy nicht weit kommen wird, hat der es doch mit einer eingeschworenen Dorfgemeinschaft zu tun, die einem Fremden gerne mit Sturheit und Schweigen begegnet.
„Der Wein in diesen Bergen ist vollkommen untauglich. Aber es liest sich ja so gut: eigene Kellerei, Weingut Domaine des Grès. Alles für das Hochglanzprospekt. In Wahrheit wird in diesem Tank die Reifung verkürzt und das wunderbare Holzaroma durch Eichenchips imitiert.“ Er schnalzte mit der Zunge. „Stahltank statt Barrique. Nun denn, die Märkte, die der Winzer beliefert, interessiert das nicht, und der Inhaber hat damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.“
In „Provenzalische Verwicklungen“ werden Morde als kulinarische Kunstwerke inszeniert, und die Ermittlungen mit Genussvollem aus der französischen Küche begleitet. Pierre, der erfolgreiche Kommissar aus Paris und gleichzeitig glückloser Liebhaber, wächst dem Leser schnell ans Herz. Seine Geliebte, die auch seine Sekretärin ist, verlässt ihn wegen eines englischen Anwalts und kündigt auch noch gleich darauf ihre Stelle. Nun muss Pierre zusehen, wie er mit seinem – zwar sympathischen aber manchmal auch übereifrigen – Assistenten alleine klar kommt. Seine Pechsträhne geht dann mit dem Entzug des Mordfalls weiter. Als eine zweite Leiche inmitten der Weinberge des Hotels Domaine des Grès gefunden wird (dieses Mal wird eine junge Frau mit der Füllung, die man für die Zubereitung eines lapin farci verwendet, so gestopft, dass sie daran erstickt) ändert Barthelemy seine Meinung und bittet Pierre ihm nun doch bei den Ermittlungen zu helfen. Inoffiziell, versteht sich, damit ja die Pariser Behörden nichts davon mitbekommen.
Lange tappt Pierre im Dunkeln, was die Aufklärung der Morde betrifft. Hat sich die gehörnte Männerwelt von Sainte-Valérie gegen den Dorfcasanova Antoine verschworen? Oder sinnt Farid, der Immobilienmakler, der um seine Provision beim Verkauf des Hotels betrogen wurde, auf Rache? Oder möchten die einheimischen Weinbauern das Hotel ruinieren, weil sie die Methoden, die das Hotel zur Weinproduktion verwendet, ablehnen? Während der sympathische Polizist die Dorfgrößen befragt, Weinberge inspiziert und mit Hilfe der Köchin Charlotte das Kochen lernt, hat der Leser das Vergnügen, zwischen Thymian und Lavendel einzutauchen und die Provence samt Bewohner und Küche kennen zu lernen. Wie so oft bei dieser Art von Krimis, in denen die Verbrechen mit Kulinarik und Romantik aufgepeppt werden, kann es passieren, dass der Spannungsbogen etwas darunter leidet. So fehlen auch hier nervenaufreibende Situationen und temporeiche Dramatik. Trotzdem: Das Buch überzeugt durch seinen charmanten Schreibstil, pittoresken Landschafts- sowie Charakterbeschreibungen und einer Handlung mit lukullischen Ingredienzen. Für Liebhaber regionaler Krimis ist dieses Buch ein hervorragender Lesetipp.
„Provenzalische Verwicklungen“ ist der erste von mittlerweile drei Teilen von Sophie Bonnet (Pseudonym der Krimiautorin Heike Koschyk). Auf ihrer Webseite kann man die Rezepte der Gerichte, die in den Krimis eine Rolle spielen, nachlesen.