Der wohl in unseren Breiten meist gelesene japanische Autor Haruki Murakami erzählt in „Sputnik Sweetheart“ von einer Dreiecksbeziehung. Sumire, Anfang zwanzig, ist noch nie verliebt gewesen – auch nicht in ihren besten Freund, den Ich-Erzähler, der mit der unerwiderten Liebe zu Sumire hadert. Bei einer Hochzeit trifft Sumire auf Miu und sie wird von der Liebe mitgerissen – „unvernünftig und heftig, ein gewaltiger Wirbelsturm auf freiem Feld“. Miu ist 17 Jahre älter als Sumire, erfolgreich, verheiratet und weiblich.
„Ich bin in sie verliebt, wusste Sumire auf einmal. So eindeutig, wie Eis kalt ist und Rosen rot sind. Und diese Liebe reißt mich mit ihrem Sog davon, so übermächtig, dass ich mich ihr nicht entziehen kann. Widerstand ist zwecklos. Vielleicht entführt sie mich an einen unbekannten, unbekannten, unheimlichen Ort, der vielleicht sogar gefährlich ist. Und das, was mich dort erwartet, wir mich zutiefst, ja tödlich verwunden. Vielleicht werde ich alles verlieren. dennoch gibt es kein Zurück mehr. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich diesem Strom zu überlassen, auch wenn ich darin aufgehe und mein Wesen darin erlischt.“
Gleich bei ihrem ersten Treffen weiß die hoffnungslos romantische und etwas weltfremde Sumire, dass sie Miu mit Haut und Haar verfallen ist. Nur zu gern nimmt sie das Angebot der älteren Geschäftsfrau an, für sie als Assistentin zu arbeiten. Sumire betet ihren „Sputnik“ (russisch für Weggefährte) an, vergöttert sie und verliert sich zusehends selbst dabei, indem sie sogar ihre schriftstellerischen Ambitionen aufgibt. Weder gesteht noch zeigt sie Miu ihre Liebe und macht auch keinen Versuch eines körperlichen Kontakts. Bis die beiden von einer Geschäftsreise in Europa einen Kurzurlaub auf einer griechischen Insel einlegen.
Doch Miu kann das körperliche Empfinden nicht erwidern, zu sehr hat ein längst vergangenes Ereignis ihr Herz versteinert. Und plötzlich ist Sumire verschwunden – vielleicht an diesem zu Beginn zitierten unbekannten, unheimlichen und gefährlichen Ort. Miu kontaktiert nach einer vergeblichen Suche ihren besten Freund und bittet ihn um Hilfe.
Wie in seinem Meisterwerk „Hard-Boiled Wonderland und das Ende der Welt“ oder in „Gefährliche Geliebte“ ist auch bei diesem Roman der Ich-Erzähler ein einsamer Namenloser ohne materielle Sorgen. Doch trotz eines gut situierten Lebens sind Murakamis Helden immer tragisch. Sie sind auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und werden dabei in eine unerklärbare, mystische und surreale Welt geführt – zumeist begleitet von Musik. War es in den beiden anderen Romanen der Jazz, der die Protagonisten miteinander verbunden hat, so ist es hier die Leidenschaft zur klassischen Musik, die die drei Menschen gemeinsam haben.
„Sputnik Sweetheart“ ist eine einfache Geschichte über unerwiderte, unglückliche Liebe mit einem erotischen Touch – gut konstruiert und aufgrund des nüchternen und gleichzeitig poetischen Stils fesselnd und flüssig zu lesen – ein Buch, das man erst aus der Hand legt, wenn die letzte Seite gelesen ist.