Hosseinis zweiter Roman erzählt von zwei Frauen in der Hauptstadt Afghanistans, ihr Leben und wie das Schicksal sie zusammen führt. Ein fesselnder, berührender und mitunter schockierender Roman, der sich über vier Jahrzehnte erstreckt. Und es scheint, dass es egal ist, wer nun in diesem Land an der Macht ist – das Leben der Frauen in Afghanistan gleicht immer einem Martyrium: Sie sind es, die die Ausläufer politischer und religiöser Machenschaften am eigenen Leibe zu spüren bekommen.
„Lass dir das eine Lehre sein, meine Tochter“, sagte Nana. „So wie eine Kompassnadel immer nach Norden zeigt, wird der anklagende Finger eines Mannes immer eine Frau finden. Immer. Denk daran, Mariam.“
Mariam ist eine harami, ein uneheliches Kind. Sie lebt mit ihrer Mutter am Rand von Kabul in einer schäbigen Hütte. Ihr Vater besucht sie mehr oder weniger regelmäßig, bringt ihr Geschenke und seine Liebe zu ihr ist offentsichtlich. Als Mariam 15 ist, reisst sie aus und versucht bei ihrem Vater und seiner Familie unterzukommen. Doch die Scham des Vaters über sein uneheliches Kind ist grösser und Mariam kehrt unverrichteter Dinge nach Hause. Währenddessen begeht ihre Mutter Selbstmord – aus Traurigkeit darüber, dass Mariam sie verlassen hat. Da sie nun alleine steht, macht ihr Vater das einzige, was ihm möglich ist: Er verheiratet Mariam. Ihr zukünftiger Mann, Raschid, ist Schuhmacher und 30 Jahre älter als Mariam. Es kommt, wie es kommen muss: Raschid entpuppt sich als gewalttätiger Patriachat und Mariam kann nur eines tun: tahamul – Aushalten.
Laila wohnt gleich neben der unglücklichen Mariam. Sie ist fast noch ein Kind, geht zur Schule und ist in den Nachbarsjungen Tarik verliebt. Für sie bricht die Welt zusammen, als Tarik mit seiner Familie nach Pakistan flieht und ihre Eltern bei einem Bombenangriff ums Leben kommen. Schwer verletzt wird sie von Raschid aus den Trümmern geborgen und in seinem Haus versorgt. Als Raschid sie zur Frau begehrt, stimmt sie zu. Von Tarik schwanger, ist es der einzige Ausweg das Kind gefahrlos auf die Welt zu bringen.
Mariam ist zu diesem Zeitpunkt schon dreißig und hat Raschid immer noch keinen Stammhalter geschenkt. Dass er sich nun eine zweite Frau nimmt, stösst ihr natürlich sauer auf und so ist die Beziehung zwischen den beiden Frauen vorerst durch Eifersucht und Revierverhalten bestimmt. Doch die Not und ein kleines Mädchen machen die beiden zuerst zu Verbündete und dann zu Freundinnen.
Schläge mit dem Gürtel, das Tragen der Burka und die komplette Isolation von der Aussenwelt bestimmen das Leben der Frauen in Kabul. Doch zumindest eine der beiden findet schlussendlich ihr Glück – auch wenn es auf Kosten der anderen geht. „Tausend strahlende Sonnen“ ist kein Roman für die Sonnenliege: obwohl unkompliziert geschrieben, geht die Handlung doch recht an die Nieren.