Mary Janice Davidson: Happy Hour in der Unterwelt
Es geht um Schuhe, Shopping, ein klein bisschen Sex und – ach ja – auch um Vampire. „Happy Hour in der Unterwelt“ ist der dritte Teil der „Betsy“-Romanserie rund um eine ehemalige Sekretärin, die zur Königin der Vampire aufsteigt. Betsy hat’s nun wirklich nicht leicht: Sie wohnt in einer riesigen Villa, für die sie nichts bezahlen muss und sich vor lauter Zimmer nicht zurecht findet, mit ihrem de-facto-Angetrauten Eric (der supertolle Vampirkönig) hat sie Beziehungsstress, der geerbte Nachtclub steht vor dem Bankrott, ihre Schwiegermutter ist schwanger und so nebenbei erfährt sie, dass sie eine 17-jährige Halbschwester (ebenfalls ein Kind ihrer Schwiegermutter) hat, die zudem das Kind des Teufels sein soll. Bei so vielen Aufregern hat Betsy nun wirklich keine Zeit für’s Shoppen und die Maniküre.
„Die Frau war groß. Ihr Kopf reichte fast bis an das BITTE HIER NICHT RAUCHEN-Schild heran, und das hieß, dass sie über ein Meter achtzig war. Sie trug einen moosgrünen Hosenanzug, mit einer bis zum Kinn geknöpften Jacke, unter dem man keine Bluse anziehen musste. Das tiefe Grün der Kleidung betonte die elegante Blässe ihrer Haut und ließ ihre grünen Augen groß und dunkel wirken, wie Blätter im Wald. Ihr goldblondes, gewelltes Haar war auf Schulterlänge geschnitten und hübsche rote und goldene Haarsträhnen umrahmten ihr Gesicht, Ein interessantes und fesselndes Gesicht, in dem die hohen Wangenknochen besonders hervorstachen. Als sie sprach, blitzten ihre weißen Zähne.
„Okay, äh … wie ich schon sagte … ich heiße Betsy. Und ich dachte, ich komme mal … Ich meine, ich habe im Internet gesehen … wie auch immer … ich dachte, vielleicht habt ihr ja ein paar Tricks auf Lager, wie ich mit dem Trinken aufhören kann.“
Totenstille. Die Reporterin sah, dass das Publikum sie ebenso gebannt anstarrte wie Charly. Was für eine Erscheinung! Was für ein Outfit! Was … waren die Schuhe etwas Bruno Maglis? Die Reporterin schob sich näher heran. Es waren Bruno Maglis! Womit verdiente diese Frau ihr Geld? Sie selber hatte fast dreihundert Dollar für das Paar bezahlt, das zu Hause in ihrem Kleiderschrank stand.
Keine Sorge, in diesem Buch fließt kein Blut – ein blaues Auge und eine zersplitterte Tür sind schon das Schlimmste, was passiert. Was soll den Leser hier auch großartig aus der Fassung bringen? Die Charaktere sicher nicht: Die Heldin Betsy ist zweifellos ein Dummchen, die es mit der Hilfe der Autorin schafft, dass die Geschichte gut ausgeht. Die Schwiegermutter ist nicht nur böse sondern auch schlecht geschminkt und mit dem Teufel im Bunde (ach, nein…). Der Vampirkönig ist edel und gut(aussehend), der schwule Freund sozial und lieb, die schwarze Freundin (natürlich) verständnisvoll (auch wenn ihr Betsy eine auf’s Auge gibt) und die Tochter des Teufels entpuppt sich als schwertkämpfende Pazifistin. Wirklich erotische Szenen hat das Buch ebenso zu bieten wie witzige Dialoge oder Dramatik.
Nichts gegen Bücher, die sich in einem Rutsch lesen und nicht wirklich Spuren hinterlassen, die für ein paar Stunden Unterhaltung sorgen und auch nur dafür geschrieben wurden. Gerade im Reich der Untoten gibt es einige Beispiele (auch hier im Blog), die genau diesen Anforderungen entsprechen und die auch gut umgesetzt worden sind. Was Davidson aufs Blatt bringt, ist aber doch zuviel des Guten. Sie hat den Gipfel der Plattheiten wohl aufgrund ihres hochhackigen Schuhwerks leider nicht zu Fuß sondern mit dem Düsenjet erklimmen müssen und dabei die zu Fuß wandernden Charaktere ebenso wie die Landschaft links liegen gelassen. Schlimmer als jede Sitcom, eine Folge hätte völlig gereicht.